Alle: Dieselgate

@rawac: Die Auslegung von Gesetzen obliegt den Gerichten. Das bezieht sich natürlich auf die Punkte, an denen ein Gesetz auslegungsbedürftig ist - und hiervon gibt es üblicherweise viele.

Die Kategorisierung der drei Sorten Mensch, die Du vornimmst, trifft m.E. in dieser Form nicht zu. Denn diese Herangehensweise nach "individuellem" oder "gefühltem" Recht wird kein Großunternehmen wählen.

Zuerst steht die - juristische - Betrachtung, welche Anforderungen sich aus dem Gesetz ergeben. Und an denen wird man sich orientieren oder bestenfalls einen Weg wählen, der vertretbar erscheint - bis Gerichte anders entscheiden.

Das ist aber bei VW alles gar nicht das Problem: Dort sind Gesetze nicht eingehalten worden - und das ist illegal. Punkt, Aus, Kein Mitleid für VW.

@El Ringo: Das Argument, die Amis wollten VW schaden, kann ich nicht gelten lassen. Geschadet hat sich hier VW selbst, indem das Unternehmen betrogen hat. Daran sind nicht die Amis schuld.

Dass diese Intervention auch eine politisch-ökonomische Konsequenz hat und den amerikanischen Anbietern vermutlich nicht schadet, das mag so sein.
Aber der Fehler liegt bei VW.

Das hat auch nichts mit VW-Bashing und den Verbrauchsangaben zu tun. Letztere sind bekanntermaßen eine gesetzlich erzwungene Irreführung aufgrund eines völlig praxisfremden Testsystems. Dass sich die Hersteller - alle - darauf einstellen und die resultierenden Praxisverbräuche nichts mit den Normwerten zu tun haben, ist ärgerlich. Aber kein Gesetzesverstoß.

Hier geht es um eine Umweltstraftat nach amerikanischem Recht und den erhöhten Ausstoß von Stickoxiden.
 
Moin Einqasqai,

de jure magst Du wohl recht haben, de facto eher nicht.

Wie Du schon zu den Verbrauchswerten schreibst, sind nicht nur diese Vorschriften, sondern das Ganze eine gesetzlich erzwungene Irreführung aufgrund eines völlig praxisfremden Testsystems und somit sind die Gesetze selber eben auch keinen Schuß Pulver wert.

De facto bleiben viele Fragen. Seit 2009 sind in den USA modifizierte Dieselsteuerungen im Einsatz. Im Jahr 2014 ist VW damit bei den Messungen der ICCT aufgeflogen, aber erst fast 18 Monate später wird das Ganze publik gemacht - gerade als die Clean Diesel Kampagne von VW in den USA zu greifen begann und die Umsätze anzogen. Welche Fahrzeuge außer dem einen BMW wurden damals noch geprüft? Welche Ergebnisse wurden erzielt? Wer hat sonst noch Dreck am Stecken? Das würde mich viel mehr interessieren.

Es gab ja mal in der Zeit von 33 bis 45 einen gewissen Herrn Himmler in Deutschland. Dieser auch als Reichsheini und Reichshühnerzüchter bezeichnete NS-Scherge hatte nicht nur die Verantwortung für das organisierte Töten von über 6 Millionen Menschen in seinen Vernichtungslagern, nein, er besaß auch eine umfangreiche Sammlung von Karteikarten mit Informationen über eine große Zahl von wichtigen und ggf. verwertbaren Informationen über alle wichtigen in irgendeiner Weise im Vordergrund jener Jahre lebenden Menschen. Jede noch so kleine oder für sich unbedeutende Information war vermerkt - und wenn die Zeit gekommen war, dann wurde die Karte herausgezogen und nachgesehen, was an Verwendbarem vorhanden war.

Es kommt mir oft so vor, als ob dies in Welt seither gewaltig Schule gemacht hat und dann werden zum passenden Zeitpunkt die Kärtchen gezückt, Informationen an die Medien weitergegeben (so die nicht ihre eigenen Karteikästen pflegt) und dann heißt es nur noch Hosianna und kreuzigt ihn/sie - und die blöde Masse brüllt begeistert mit. Hirn aus, panum et circenses!

Das meine ich mit VW-Bashing. Es schadet insbesondere uns Deutschen mehr, hier begeistert mitzutun, als endlich völlige Transparenz über den gesamten Vorgang zu fordern.


Grüße

El
 
Ich halte es grundsätzlich für nicht hinnehmbar Vergleiche mit Verbrechen während des " Tausendjährigen Reiches" anzustellen.
Schon garnicht mit einer solchen Lapalie gegenüber diesen unfassbaren Verbrechen.
 
@El Ringo: Über den Wert vieler Gesetze und besonders die schlechte handwerkliche Ausführung kann man trefflich streiten. Dafür gibt es viele Beispiele.

Dennoch: Zunächst ist ein Gesetz ein Gesetz. Und ich kann auch nicht 80 in der Tempo-50-Zone fahren, weil ich das - vielleicht sogar gut begründet - für nicht nachvollziehbar halte.

Die Tests in den USA wurden bekanntlich vom International Council on Clean Transportation durchgeführt - mit der Intention, dass die Hersteller in den USA schärfere Grenzwerte als in Europa einhalten und um damit zu zeigen, dass es in Europa nur am Willen, nicht an der Technik mangelt.

Die Fahrzeuge hat man damals, so die Informationen, die bislang verfügbar waren, danach ausgesucht, was man zufällig bekam (die Studie war gering finanziert). Dass die ganze Angelegenheit nun an die Öffentlichkeit kommt und das in dieser Form, liegt wohl auch an VW.

Denn dort sind die Ergebnisse seit Mai 2014 (!) bekannt, ohne das etwas passierte. Erst jetzt, bei der Androhung, die Zulassung für 2016 nicht zu erteilen, ist Dynamik in die Angelegenheit gekommen.

Deutlich formuliert: Dümmer geht es nicht - VW hat offenbar nicht einmal nach den Ergebnissen die Frage geklärt, was da wohl Ursache sein könnte.

VW hätte also mehr als einmal die Chance gehabt, anders zu reagieren und zumindest die Konsequenzen abzuschwächen.

Aus diesem Grund ist das für mich auch kein Bashing - sondern die berechtigte Rote Karte für vorsätzlichen Betrug und fortgesetzte Dummheit (auch wenn letzteres kein Straftatbestand ist).

Was den Vergleich mit 33-45 angeht: Den halte ich, ohne Dir persönlich damit nahetreten zu wollen, für deplaziert.
 
Vielleicht wäre es besser gewesen, den Begriff "Bezug" statt "Vergleich" zu nehmen.

Selbstverständlich haben sich schon immer Menschen gefunden, die ihr gesammeltes Wissen genutzt haben, um es zum "richtigen" Zeitpunkt zum Schaden anderer einzusetzen. Das ist kein Phänomen bestimmter Regime.

Wie auch immer: Hier liegt Betrug im großen Stile vor und die Tatsache, dass es gerade jetzt an die Öffentlichkeit kommt, sollte man nicht deuten. Entscheidend ist, DASS es dieses Mal nicht unter den Tisch gekehrt wird.

Bedauerlicherweise wird es schwierig werden, jemanden hierfür persönlich in Deutschland zu belangen. Denn strafrechtlich ist der Vorsatz eine entscheidende Voraussetzung für Betrug - und wir werden vermutlich erleben, dass dies niemandem persönlich nachgewiesen werden kann.
 
Ähm... warum soll man jemanden in Deutschland belangen, wenn Gesetze der USA verletzt werden?

Dafür ist die amerikanische Justiz zuständig, nicht die deutsche...
 
EL Ringo, den Betrug an Autofahrer in aller Welt, die sich VW da geleistet hat mit Zeiten von 33-45 zu vergleichen ist ja wohl der Oberhammer.
Wundere mich das sowas hier im Forum ungestraft geschrieben werden darf?

Udo2009, wieso nur USA? Warum sollen denn auch hier Wagen zurück gerufen werden? In der heutigen Tagesschau wurde ja schon mal ein Name genannt der das angeblich angeordnet haben soll.
 
Gut, dem stimme ich zu, vergleichend war hier auch nichts gemeint, sondern ich habe nach einer Beschreibung eines wissenschaftlich gesicherten Zustandes incl. meiner deutlichen persönlichen Wertung zu diesem Herrn aus meiner Sicht auch nur einen gefühlten Bezug dazu, wie sich Dinge für mich oft verhalten, hergestellt...

Zunächst einmal handelt es sich um Betrug, weil diese Änderungen bewußt herbeigeführt wurden, um andere zu täuschen. Und weil kein Wirtschaftsstrafrecht in Deutschland existiert, wird man dafür auch niemanden strafrechtlich an den Hammelbeinen kriegen können, stimmt auch. Teuer genug wird es zivilrechtlich in jedem Fall.

Inzwischen mehren sich aber Stimmen, die behaupten, auch bei den anderen Herstellern gibt es Probleme. Ein echter Schritt nach vorn wäre es jetzt, wenn in Deutschland unabhängige Institute beauftragt würden, ähnliche Fahrversuche wie das ICCT mit Fahrzeugen von allen anderen Herstellern durchzuführen, um dann zumindest die Ergebnisse der Deutschen Hersteller zu veröffentlichen und ggf. darauf zu verweisen, daß bei den Tests auch bei den Fahrzeugen von XYZ Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sind und hier die jeweiligen nationalen Behörden in die Verantwortung zu nehmen, dies zu überprüfen. Wenn wir dabei dann als Volldepp darstehen, weil alle anderen sich brav an die Vorgaben gehalten haben, haben wir zwar Pech, aber Transparenz und Wahrheit sind immer die besten Argumentationsmittel, um Vertrauen wieder herzustellen. So muß es laufen, und nicht, indem das gesamte Unternehmen VW unter Generalverdacht gestellt wird und gleichzeitig als eine Art Kasperbude lächerlich gemacht wird.
 
Oben